Rede zum 75. Jahrestag der Menschenrechte - Ausstellung "Ich bin Mensch"

Veröffentlicht am 10.12.2023 in Aktuelles

Guten Morgen, wie schön, dass so viele Menschen der Einladung gefolgt sind. Heute ist ein ganz besonderer Tag: die Erklärung der Menschenrechte wird 75 Jahre alt. Menschenrechte, die wir selbstverständlich nehmen, die auch im Grundgesetz der Bundesrepublik enthalten und die allen anderen Artikeln vorangestellt sind und die für uns selbstverständlich
zum Alltag gehören.
Alle Gesetze müssen sich daran orientieren, alle Gesetze müssen mit den Menschenrechten vereinbar sein, das ist klar und das steht nicht zur Disposition. Die Menschenrechte sind die Grundlage unseres Gemeinwesens, die Grundlage, auf die wir uns verständigen können müssen, wenn wir über das Gute und Richtige diskutieren wollen. Darüber sind wir uns einig. Das sollten alle Menschen in der Bundesrepublik wissen. Deswegen wird es auch als grundlegendes Wissen in unseren Schulen gelehrt.

Doch wie ist das woanders in der Welt? Sind alle Menschen überall gleichberechtigt? Werden allen Menschen gleichermaßen die Menschenrechte zugestanden?

Die Demokratien sind unter Druck, es gibt immer weniger auf der Welt, ihre Zahl nimmt ab. Demokratische Prinzipien wie Rechtsstaatlichkeit, Unabhängigkeit der Gerichte, freie und geheime Wahlen werden von Anti-Demokraten angegriffen – auch in der EU.

Bei uns gibt es auch Menschen, die den Wert der Demokratie nicht mehr schätzen, vielleicht auch, weil sie ihn nicht kennen?
Die Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland wird als solche nicht mehr wahrgenommen, sondern es wird von einer „Lügenpresse“ gesprochen. Unabhängig davon, dass die deutsche Presse in der internationalen Welt hoch angesehen ist als unabhängig und frei.

Das heißt, der Wert der Menschenrechte, die einzelnen Werte, werden nicht mehr geschätzt, zu diesem Schluss könnte man kommen. Menschen werden aufgrund ihrer Religion ausgegrenzt, und es gibt Religionen, die Grenzen andere Menschen aus oder schreiben ihnen vor, wie sie auszusehen haben, welche Kleidungsstücke zu tragen sind und welche nicht, insbesondere Frauen wird dies vorgeschrieben. Religionen schränken aus scheinbar religiösen Gründen die Menschenrechte ihrer Gläubigen selber ein, schreiben ihnen vor, wie sie zu leben haben, was sie sagen oder denken dürfen, welchen Wert ihr Leben hat und wer darüber verfügen darf. Dasselbe gilt für Ideologien, Theorien oder Vorstellungen von der Welt – da gelten die Menschenrechte auch nicht mehr, sondern andere scheinbare Werte, da geht es um Macht, Kontrolle und Unterdrückung von Menschen.

Wenn aber Menschenrechte nicht entzogen werden können, wenn sie unveräußerlich, wenn sie nicht teilbar sind und auch nicht verliehen (und damit auch nicht mehr entzogen werden können), wenn sie von Geburt an gelten, dann wären all die oben genannten Punkte nicht möglich, nämlich dass Menschen diskriminiert, ausgeschlossen, verfolgt oder umgebracht werden.

Was wir heutzutage erleben, nennt Heribert Prantl von der Süddeutschen Zeitung am 17.11. eine „Entmenschung der Menschenrechte“ im Terror und insbesondere in der Verachtung, die Kriege schaffen. Das sehen wir in der Ukraine, im Nah-Ost-Krieg, in Afghanistan, in den Kriegen in Afrika, die auch oft Bürgerkriege sind, wie auch z.B. in Darfur, dort beginnt erneut der Völkermord. Das sind nur einige wenige Beispiele. Der von Amnesty International veröffentlichte Bericht wird jedes Jahr länger und düsterer.

Es scheint, als zerbreche sukzessive die Weltordnung, deren Grundlage die universellen Menschenrechte sind. Prantl spricht in diesem Zusammenhang von einem „Jubiläum mit Trauerflor“. Die Menschenrechte sollten aber einmal dafür sorgen, dass die Welt eine bessere wird – verkündet nach der Jahrhundertkatastrophe des Zweiten Weltkrieges, und am 10.Dezember 1948 von der Vollversammlung der Vereinten Nationen in Paris verabschiedet. Nach dem Sieg über Hitler-Deutschland wurde dieses historische Dokument beschlossen und damit eine neue Weltordnung begründet. Jeder Mensch hat eine Würde, sie ist dem Menschen eigen und nicht von der Entscheidung des Staates abhängig, ob er diese gewährt oder nicht.

Trotz alledem ist es so, dass die Erklärung der Menschenrechte ein Dokument der Hoffnung ist – für viele Millionen Menschen. Auch wenn die heutigen Zeiten so aussehen, als hätte die Würde des Menschen nicht mehr viel Wert.

In der Präambel der Menschrechtserklärung steht: „Da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschen mit Empörung füllen, verkündet die Generalversammlung diese Allgemeine Erklärung der Menschrechte.“

So ganz neu ist dieser Ansatz nicht, gab es doch zu allen Zeiten Bestrebungen, sich vom Joch der Unterdrückung zu lösen, zu befreien. Schon ganz früh, im Februar 1525 verfassten die Bauern im Oberschwäbischen die Zwölf Artikel der Bauernschaft. Sie verlangten die Aufhebung der Leibeigenschaft, die Abschaffung von Frondiensten....sie wollten mehr Freiheiten. Bekannt wurden diese Aufstände als ‚die Bauernkriege’, die dann vom Adel und mit Unterstützung der Kirche niedergeschlagen wurden. Die Leibeigenschaft wurde erst Anfang des 19.Jahrhunderts in Preußen aufgehoben.

Der Grundstein vieler demokratischer Verfassungen ist die Französische Revolution 1789 und kurz davor die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika. Aber in beiden Beispielen waren bestimmte Menschen von diesen Rechten ausgeschlossen: die Frauen, die indigenen Ureinwohner, die Sklaven...und dennoch war der erste Schritt getan.
Diese Proklamation der Menschen- und Bürgerrechte beeinflusste maßgeblich viele andere Verfassungen und auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948: die wichtigste Botschaft lautet: Souverän ist nicht mehr der Herrschende, sondern das Volk. Seit da sind Friedenssicherung und Menschenwürde untrennbar miteinander verbunden. Überall, wo Krieg herrscht, gilt dies nicht mehr.

Wir müssen nur jeden Tag die Nachrichten anschauen, dann wissen wir, was auf der Welt passiert – ob in der Ukraine, im Nah-Ost-Konflikt oder wo sonst auf der Welt.

Die UN-Kinderrechte wurden 1989 proklamiert und sollen hier auch genannt werden, denn Kinder sind eigenständige Personen, mit speziellen Bedürfnissen und Rechten, auch ihre Würde ist, wie im Grundgesetz festgehalten, unantastbar.

Sie sehen jeden Tag erneut, dass es schlimm steht mit der Demokratie und den Menschenrechten. Und es ist gut, Sie alle hier zu wissen, als Menschen, denen genau dies bewusst ist.

Die Menschenrechtserklärung der UNO besteht aus 30 Artikeln, die Grundlegendes benennen, fordern und beschreiben. Es geht um die Rechte, die jedem Menschen zustehen – und es geht nicht darum, sich unterzuordnen - „Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen.“ Das sagt Hannah Arendt dazu.

In unserem Grundgesetz, das Sie vorliegen haben, sind diese Artikel in einer anderen Reihenfolge und auch z.T. mit einem anderen oder auch ähnlichen Wortlaut abgedruckt. Aber wir beziehen uns auf diese Proklamation – so steht es auf den Plakaten.

Wenn sie nachher die Ausstellung anschauen, können Sie ja Vergleiche ziehen, vielleicht kommen Sie mit anderen Menschen, die neben Ihnen stehen ins Gespräch und vielleicht werden Ihnen bestimmte Passagen nochmal wichtig und erneut vor Augen geführt.

Die Idee für diese Ausstellung kommt von den „AnStiftern“ e.V., deren Begründer Peter Grohmann ist, die Plakate hat Jochen Stankowski gestaltet – schauen Sie sich die Broschüre an, sie liegt auf den Tischen aus.

Die Ausstellung ist ab Montag für alle Interessierten geöffnet. Nach dem Ende der Ausstellung, am 22.12. müssen wir alles wieder abbauen, wollen wir die Plakate verschenken an Ämter und/oder Institutionen, die die sich einen oder zwei Artikel/Plakate aussuchen können, die besonders passend sind an diesem Ort. Die „Unschuldsvermutung“ zum Beispiel und die „Gleichheit vor dem Gesetz“ wären auf dem Gericht gut aufgehoben. So haben wir uns das gedacht. Wenn Sie also Interesse an dem einen oder anderen Artikel haben, können Sie sich gerne bei uns/mir melden.

Wichtig und gut wäre, wenn wir nicht nur heute, sondern jeden Tag aufs Neue uns daran erinnern würden, darauf bestehen und dies auch einfordern würden, dass die Menschenrechte eingehalten werden und wieder den Stellenwert bekommen, der ihnen zugedacht war.

Gut, dass Sie hier hergekommen sind – vielen Dank dafür!

Rede Dagmar Keller 10.12.2023 – Es gilt das gesprochene Wort.

 

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